Die Aus- und Weiterbildung in der primärversorgenden Kinder-und Jugendmedizin stehen vor einem doppelten Paradigmenwechsel: Einerseits soll die Grundversorgung in Aus- und Weiterbildung den Stellenwert bekommen, den sie auch in der Versorgung hat (Masterplan Medizin 2020). Andererseits steht die tradierte Trennung von Aus- und Weiterbildung in Deutschland in der Kritik, da es trotz aller Anstrengungen bislang nicht gelungen ist, den absehbaren Versorgungsnotstand in der Primärversorgung zu überwinden.

Die Pädiatrie befindet sich im Zentrum eines stürmischen gesellschaftlichen Wandels. Die Aufgaben pädiatrischer Grund- und Spezialversorgung nehmen kontinuierlich zu. Deshalb ist es erforderlich, dass bereits Studierende im ersten Studienabschnitt die Möglichkeit haben, sich mit dem Themenfeld der pädiatrischen Grundversorgung zu befassen. Die strukturellen Voraussetzungen dafür wurden durch den Masterplan 2020 geschaffen. Darüber hinaus braucht es Institutionen, die die pädiatrische Grundversorgung in Forschung und Lehre vertreten, im traditionellen Sprachgebrauch in Deutschland „Lehrstühle“ genannt. Diese Institutionen funktionieren nicht mehr als Einzelkämpfer, sondern in einem Netzwerk mit anderen universitären Instanzen, insbesondere der klinischen Pädiatrie, der Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung sowie in Zusammenarbeit mit Kompetenzzentren, Kammern, kassenärztlichen Vereinigungen. Wir brauchen Einheiten für Lehre und Forschung, um die notwendigen Netze von Lehrpraxen zu knüpfen, zu akkreditieren, zu qualifizieren und zu finanzieren, damit die Qualität in der Facharztweiterbildung in der ambulanten allgemeinen Pädiatrie gewährleistet ist.

Gute und zukunftsfeste Versorgung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien ist heute nicht mehr denkbar ohne eine ausgeprägte sozialräumliche Vernetzung und zu außermedizinischen Hilfe- und Unterstützungsstrukturen für Familie und Kind und ohne interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Begriffsbestimmung

Primärversorgung ist der Bereich medizinischer Grundversorgung, in dem die primäre (auch durch ungefilterte Erstinanspruchnahme) umfassende und individuelle Versorgung aller Gesundheitsanliegen erfolgt (Gutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, (2009) [1] § 73 SGB 5 [2]:

Primärversorgung betrifft hauptsächlich die Fächer Pädiatrie und Allgemeinmedizin, aber auch die Aspekte der Primärversorgung in anderen grundlagenwissenschaftlichen, klinisch-theoretischen und klinischen Fächern sowie der Querschnittsbereiche.